№ 30 Freiheit ist nicht Selbstzweck – die Humanisierung der Arbeitswelt bei Viessmann

Unser heutiger Gast ist Frauke von Polier, Personalvorständin von Viessmann, einem global agierenden Unternehmen mit rund 15.000 Mitarbeitern. Erst kürzlich wurde bekannt, dass das Familienunternehmen Viessmann Teil der Carrier Gruppe wird – eines der sichtbarsten Zeichen der Transformation des Unternehmens und der Branche.

Frauke von Polier blickt zurück auf eine bewegte Karriere in verantwortlichen Positionen bei Otto, Zalando oder SAP. Das Personalmagazin hat sie 2023 zum CHRO des Jahres nominiert.

Wir sprechen mit ihr darüber, ob es ein Familienunternehmen leichter hat, eine Transformation zu durchlaufen. Ja, sagt Frauke von Polier im Gespräch, wenn die Familienmitglieder für den Wandel stehen, wenn Vertrauen in die Familie bei den Mitarbeitern aufgebaut wurde, dann ist es leichter, den Wandel zu gestalten. Schnell kommen wir dabei auf  die Rolle von Führung im Sinne von „positiver Einflussnahme“, also über Personen, denen Mitarbeiter vertrauen und die in einer Neuausrichtung Orientierung geben.

Wir sprechen auch über ihre Skepsis in Bezug auf Talent- und Performance-Management, über die Schwächen von Individualdiagnostik und den Wunsch, stärker aus einer Team-Diagnostik heraus dem Team zu ermöglichen, zukünftige Aufgaben selbstgesteuert besser zu meistern. Die Diskussion, wer eigentlich ein Talent ist, ist ihr zu akademisch. „Top Talent, High Performer, alles Konstrukte, die uns eigentlich behindern, die Humanisierung der Arbeit wirklich voranzutreiben“, so Frauke von Polier.

In der Bewertung einzelner Personen passieren einfach zu viele Fehler, stellt sie fest. Wir haben meist zu wenig Datenpunkte, um wirklich das Bild einer Person zu bekommen. Bei Tech Unternehme wie Zalando mag das noch gehen über die permanenten Feedback-Prozesse, im klassischen Unternehmen wird das eher schwer.

Bei Viessmann, so von Polier, konzentriert man sich auf ein rollenbasiertes Entwicklungskonzept aller Mitarbeiter. „Wir schauen auf die Fähigkeiten, die wir in Zukunft brauchen und analysieren die Lücken – und für diese Lücken bauen wir Lernprogramme“ so von Polier.

Und wir diskutieren, wie wichtig es ist, Freiraum in dem Sinne zu schaffen, dass Konversationen zwischen Mitarbeitern rund um Herausforderungen entstehen – und diese Konversationen zu besseren Lösungen führen. Dafür werden Rahmen gesetzt, und diese Rahmen werden auch erklärt. „Wir setzen gerne explizite Rahmen wie die Kultur aussehen soll, und darin entwickeln sich die Freiräume“ – das gilt für die Du-Kultur ebenso wie für hybrides Arbeiten, bei denen allen auch deutlich erklärt wird, warum das gut für Viessmann ist. „Freiheit ist nicht ultimatives Ziel für mich, sondern wie schaffe ich Rahmen, in denen dann etwas entstehen kann“. Und das funktioniert, wie wir lernen können, offenbar sehr gut.

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